Handelsabkommen: Friedrich Merz versichert EU-Mehrheit für Mercosur-Abkommen

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Die Unterzeichnung des Mercosur-Abkommens muss auf Januar verschoben werden. Laut Friedrich Merz und Ursula von der Leyen steht nun die nötige Mehrheit in der EU.

19. Dezember 2025, 5:45 Uhr Quelle: DIE ZEIT, dpa, Reuters,

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 EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gehen von einer Mehrheit für das Mercosur-Abkommen in der EU aus.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gehen von einer Mehrheit für das Mercosur-Abkommen in der EU aus. © Nadja Wohlleben/​Getty Images

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge gibt es unter den europäischen Staaten eine nötige Mehrheit für die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten. Es sei "jetzt sicher, dass Mercosur in Kraft treten kann nach der Zustimmung der italienischen Regierung", sagte der Kanzler.

Zwar sei man auf dem EU-Gipfel in Brüssel der Bitte der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia ‍Meloni nachgekommen, die für Samstag geplante Unterzeichnung bis ​Januar zu verschieben. "Nach 25 Jahren kommt es jetzt auf zwei ⁠Wochen auch nicht mehr an", kommentierte er in Anspielung auf die seit Jahren laufenden Verhandlungen.

Er gebe die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht auch noch die französische Regierung zustimmen werde, sagte Merz. "Aber selbst wenn dies nicht der Fall ​sein sollte, ist die qualifizierte Mehrheit im Rat gesichert." Auch von der Leyen sagte, sie ‍sei zuversichtlich, dass die Mehrheit jetzt stehe.

Merz hatte zuvor eine Einigung gefordert

Merz hatte schon im Juni gesagt, dass es in der EU keine grundsätzlichen Einwände mehr gegen das Abkommen gebe. Bei einem Gipfel im Oktober verkündete er dann bei einer Pressekonferenz versehentlich eine Einigung. "Es ist erledigt. Es ist durch", sagte er. Kurz darauf wurde er von Ratspräsident António Costa korrigiert. 

Zu Beginn des jüngsten Gipfels hatte er gesagt, dass Entscheidungen getroffen werden müssten, wenn die Europäische Union in der Handelspolitik auf der Welt glaubwürdig bleiben wolle. "Und die Entscheidung kann nur lauten, dass Europa zustimmt und dass die Kommissionspräsidentin und der Ratspräsident morgen nach Südamerika reisen und dieses Abkommen unterzeichnen."

Dass die Grundsatzeinigung nun weiter auf sich warten lässt, wird in deutschen Regierungskreisen als nicht so dramatisch dargestellt. Zwar gebe es eine Verschiebung. "Aber dafür scheint es ziemlich zu sicher sein, dass es kommt." 

Industrie beklagt Hängepartie

Zahlreiche Industriebranchen dringen auf das Abkommen und zeigten sich enttäuscht von der Verschiebung. "Die Welt wartet nicht auf Europa und in Brüssel schafft die EU es nicht, die Lehren daraus zu ziehen", teilte der Verband der Automobilindustrie mit. Aus der Chemieindustrie hieß es, die Frustration wachse, und eine scheinbar endlose Hängepartie scheine sich fortzusetzen. 

Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva kündigte an, Melonis Bitte auf Verschiebung bei einem Mercosur-Gipfeltreffen am Samstag zur Entscheidung vorzulegen. Zuvor hatte Lula mit einem Rückzug seines Landes aus dem geplanten Deal gedroht. 

Am Mittwoch hatten sich Vertreter der EU-Länder und des Europäischen Parlaments auf zusätzliche Schutzklauseln für die Landwirtschaft verständigt, um den Abschluss des Abkommens zu ermöglichen. In Brüssel demonstrierten dennoch Tausende Landwirte gegen das Abkommen, teilweise schlugen die Proteste in Gewalt um.

Frankreich betonte bei dem Gipfel in Brüssel, noch sei man nicht bereit, das Abkommen zu unterstützen. Präsident Emmanuel Macron sagte, es sei zwar mit den Schutzklauseln viel verbessert worden, aber noch reiche es nicht.

Weltweit größte Freihandelszone dieser Art

Damit die EU das Abkommen abschließen kann, müssen im Rat der Mitgliedstaaten mindestens 15 der 27 EU-Staaten zustimmen. Zudem gilt die Hürde, dass diese zusammen auch mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Die EU-Kommission hatte die Verhandlungen über das Abkommen im vergangenen Dezember trotz Kritik aus Ländern wie Frankreich abgeschlossen. Wenn Italien dem Abkommen zustimmen würde, wäre aller Voraussicht nach eine ausreichende Mehrheit vorhanden. 

Das Mercosur-Abkommen sieht vor, Zölle auf rund 91 Prozent des Warenhandels zwischen der EU und den Mercosur-Staaten abzuschaffen. Berechnungen der EU-Kommission zufolge könnten dadurch die europäischen Exporte nach Südamerika jährlich um bis zu 39 Prozent steigen. Die EU würde vor allem Industriegüter wie Autos und Chemieerzeugnisse ausführen, während die Mercosur-Länder überwiegend Agrarprodukte und Rohstoffe liefern.

Die neue Freihandelszone mit mehr als 700 Millionen Einwohnern wäre nach Angaben der EU-Kommission die weltweit größte dieser Art und soll auch ein Zeichen gegen die protektionistische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump setzen. 

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