Nach Italienischer Küche: Das deutsche Abendbrot muss Weltkulturerbe werden

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Deutschland um 19 Uhr. Auf dem Tisch stehen Roggenbrot, Leberwurst, Bergkäse und Linsenaufstrich. Dazu Gewürzgurken und Karotten. Doch beim Blick in die Nachrichten bleibt die Stulle im Hals stecken: „UNESCO erklärt italienische Küche zum Weltkulturerbe“. „Für uns Italiener“, freut sich Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, „ist Küche nicht nur Essen oder eine Sammlung von Rezepten, sie ist viel mehr: Kultur, Tradition, Arbeit und Wohlstand.“

Das, denkt sich der stets auf Gerechtigkeit bedachte Deutsche, gilt aber doch ebenso für unser Abendbrot! Wie die cucina italiana ist das Abendbrot schließlich mehr als die Summe seiner Teile. Es ist, wenn man nicht gerade die Nachrichten liest, „eine gemeinschaftliche Aktivität, die die Vertrautheit mit dem Essen, den Respekt vor den Zutaten und die gemeinsamen Momente am Tisch betont“ (UNESCO zum Kochen in Italien).

Perfekte Synthese von Alt und Neu

Auch das Abendbrot blickt auf eine lange Tradition zurück, verbreitete sich vor hundert Jahren, als warme Mittagessen in Kantinen üblich wurden, und erfuhr einen zusätzlichen Schub in der Nachkriegszeit, als immer mehr Frauen berufstätig waren und weniger Zeit zum Kochen hatten. Anders als der italienischen Küche wohnt dem deutschen Abendbrot damit sogar ein emanzipatives Moment inne: Während dort meist nonna oder mamma am Herd stehen, kann auch der größte männliche Analphabet im Haushalt einen Laib Brot und ein Glas Gewürzgurken auf den Tisch stellen.

Und wenn wir schon bei politischen Konnotationen sind: Mit seiner Fähigkeit, traditionelle Elemente wie Brot, Käse oder Wurst mit zeitgemäßen Zutaten wie Hummus oder veganen Aufstrichen zu kombinieren, erscheint das Abendbrot als mustergültiger Ausdruck jener Synthese von Alt und Neu, nach der die Menschen sich heute allerorten sehnen.

Warum also sollen Italiener ihre Pasta künftig in dem überlegenen Bewusstsein genießen, an einem Weltkulturerbe teilzuhaben, während sich unsereiner weiter für seine „skurrilen“ Essgewohnheiten belächeln lassen muss? Zwar gehört das deutsche Brot bereits seit 2014 zum immateriellen Weltkulturerbe, doch vor der italienischen Küche war auch schon die Pizza ausgezeichnet worden – wenn diese gleichsam doppelt preiswürdig ist, dann muss das für die deutsche Nationalspeise allemal möglich sein.

Unschwer zu erkennen, wer sich bald zum Hüter des Abendbrots aufschwingen wird, wenn die Parteien der Mitte sich des Themas nicht annehmen. So weit darf es nicht kommen. Die Bundesregierung sollte jetzt einen Antrag bei der UNESCO stellen.

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