China soll Anfang 2025 den ersten grundsätzlich funktionierenden Prototyp eines EUV-Lithografie-Systems fertiggestellt haben. EUV steht für extrem-ultraviolettes Licht, das mit einer Wellenlänge von 13,5 Nanometern feinste Transistorstrukturen in Silizium-Wafern ermöglicht.
Über das Projekt berichtet die US-Nachrichtenagentur Reuters, die laut eigenen Angaben mit diversen beteiligten Personen gesprochen hat. Sie gibt erstmals seit Jahren einen realistischen Einblick, wie weit Chinas Chipindustrie ist. Häufig gibt es nämlich Falschmeldungen, unter anderem aufgrund von Übersetzungsfehlern oder auch Propaganda mit vermeintlich neuartigen Lasertechnologien.
Der EUV-Club ist exklusiv
Bisher ist EUV-Lithografie die einzige Technik, um komplexe Chips ab der 5-Nanometer-Generation wirtschaftlich sinnvoll in Masse herstellen zu können (solche Halbleiter haben keine echten 5-nm-Strukturen; die Namen sind seit vielen Jahren nur noch Marketing). ASML aus den Niederlanden ist weltweit die einzige Firma, die EUV-Lithografie-Systeme in Serie herstellen kann, weil deren Aufbau so komplex ist.
Ein EUV-System kostet 160 Millionen bis 200 Millionen Euro. Systeme mit der nochmals verbesserten Technik High-NA EUV (EUV mit hoher numerischer Apertur) landen bei circa 350 Millionen Euro. Chinesische Firmen sind aufgrund von Exporteinschränkungen von allen EUV-Systemen abgeschnitten und bekommen nur noch ältere Typen, die mit tief-ultraviolettem Licht (Deep Ultraviolet, DUV), also einer Wellenlänge von 193 statt 13,5 Nanometern arbeiten.
Ein offenes High-NA-EUV-System von ASML. Selbst durchoptimiert ist diese Generation so groß, dass sie neue Halbleiterwerke mit höheren Decken erfordert.
(Bild: ASML)
Die Exporteinschränkungen funktionieren offenbar gut, denn selbst, wenn China an Systeme von ASML gelangt, sind sie ohne ASML-Support nicht viel wert. Ingenieure der Firma helfen etwa bei der Einrichtung und der regelmäßigen Wartung innerhalb der Halbleiterwerke.
Huawei überall involviert
Laut Reuters steht Huawei im Kern der chinesischen Halbleiter-Bemühungen: vom Chipdesign über die Fertigungsausrüstung bis hin zur Herstellung und endgültigen Integration in Produkte wie Smartphones soll die Firma beteiligt sein.
Huawei soll auch seit mindestens 2020 versuchen, im großen Stil ASML-Ingenieure abzuwerben, mit Fokus auf chinesische Mitarbeiter. Ein Team ehemaliger ASML-Mitarbeiter soll in China unter Falschnamen arbeiten, um das Projekt möglichst geheim zu halten. ASML hat zwar Verschwiegenheitsklauseln in den eigenen Verträgen, die sich in China jedoch kaum durchsetzen lassen. Zu den abgeworbenen Ingenieuren zählt angeblich Lin Nan, früher bei ASML als Leiter der Lichtquellentechnologie bei ASML in hoher verantwortlicher Position.
Mittels Reverse-Engineering und Bauteilen sowohl aus DUV- als auch aus EUV-Systemen von ASML soll China den eigenen Prototyp gebaut haben. Ohne das Wissen der abgeworbenen ASML-Ingenieure wäre das nicht möglich gewesen, zitiert Reuters eine Quelle. Rund 100 Studienabsolventen sollen zudem am laufenden Band ASML-Komponenten zerlegen und wieder zusammenbauen, um deren Aufbau zu verstehen.
Prototyp mit Schwächen
Der aktuelle Prototyp soll noch krude aussehen und viel mehr Platz beanspruchen als ASMLs EUV-Systeme. Auch könne China noch keine funktionierenden Chips damit herstellen.
Ein Knackpunkt sind offenbar die benötigten optischen Bauelemente. Für einige notwendige Spiegel hat selbst ASML nur einen einzigen Zulieferer: Zeiss Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) aus Deutschland. Stellt man sich einen runden EUV-tauglichen Spiegel wie die Oberfläche der Erdkugel vor, entspricht die größte Unebenheit einem Spielzeugauto auf der Erde. Chinesische Zulieferer sollen diese Reinheit bislang nicht replizieren können.
Unrealistischer Zeitplan
Interne Pläne sollen derweil vorsehen, dass chinesische Chipfertiger ab 2028 Halbleiter mit EUV-Lithografie herstellen. Das sehen laut Bericht allerdings selbst Projektbeteiligte nicht als realistisch an. Ein großes Problem: Die Hürde vom Prototypstatus zur Serienreife ist extrem hoch.
ASML hatte 2001 intern einen ersten funktionierenden Prototyp. 2006 begannen Installationen bei Forschungspartnern wie dem IMEC. Die ersten kommerziell nutzbaren EUV-Prozesse brachten 2018 beziehungsweise 2019 die asiatischen Chipauftragsfertiger Samsung mit 7LPP und TSMC mit N7+. In der Zwischenzeit wäre ASML beinahe das Geld ausgegangen. Heutzutage nutzen TSMC, Samsung, Intel und die Speicherhersteller SK Hynix sowie Micron EUV-Systeme von ASML in breiter Masse.
Selbst mit dem Vorwissen der abgeworbenen ASML-Ingenieure dürfte China noch einige Jahre benötigen, um eigene Lithografie-Systeme mit derart komplexer Technik serienreif zu bekommen. Und dann dürfte sich im Ausland schon High-NA EUV etabliert haben.
(mma)










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