Stresstest Weihnachten – so bestehen Sie ihn als Familie

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Der Drei-Kilo-Lachs ist bestellt. Die Geschenke sind gekauft. Die Christbaumkugeln liegen parat. Hakt man in der Adventszeit die To-do-Liste für Weihnachten ab, wiegt man sich nur allzu gern in der Sicherheit, sich bestens auf das Fest aller Feste vorbereitet zu haben. Doch der Schein trügt.

 »Verletzend, wenn die eigene Haltung, wenn das eigene Wertesystem von anderen kritisiert, abgewertet oder lächerlich gemacht wird«

Zerbrochene Christbaumkugel: »Verletzend, wenn die eigene Haltung, wenn das eigene Wertesystem von anderen kritisiert, abgewertet oder lächerlich gemacht wird«

Foto: Christina Reichl Photography / Getty Images

Denn die wenigsten werden sich auf das gefasst machen, was ja doch zu Weihnachten dazu gehört: Zoff. Es ist nicht so unwahrscheinlich, dass auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, schon mal mit Verwandten gestritten haben, mit denen Sie bloß gemütlich feiern wollten. Dass es rund um die Feiertage oder gar am Heiligabend so richtig geknallt hat.

Konflikte wegen uralter Geschichten, Frust über lieblose Geschenke, Beleidigtsein durch blöde Kommentare über den Tannenbaum – das passt trefflich zwischen Tomaten-Consommé und Gänsebraten. Brenzlig wird es bei politischen Meinungsverschiedenheiten. Was soll man bloß sagen, wenn es beim Festmahl plötzlich um Migration geht, das Rentenpaket, den Klimawandel – und wenn die Ansichten zwischen Geschwistern, Eltern und Kindern weit auseinandergehen?

Die wenigsten werden sich in solchen Situationen wohlfühlen. Heißt der weihnachtliche Imperativ nicht Harmonie? Happy-go-lucky-Schunkeln beim Flötenspiel und Konsens über die köstlichen Kartoffelklöße? Ja. Und nein. Wie öde wäre das Leben ohne unterschiedliche Meinungen, ohne Austausch und ohne Emotionen? Das Familienfiasko allerdings, das kann man sich sparen.

»Ja, ja, da kennen Sie Onkel Horst schlecht«, wollen Sie mir jetzt zurufen. Aber wenn Sie wirklich nicht wissen, wie Sie Horst entgegentreten können, lege ich Ihnen das Kurzcoaching »Konfliktgespräche souverän führen«  ans Herz, das meine Kollegin Anne Otto entwickelt hat. In vier Schritten können Sie trainieren, in den beschriebenen Konfliktsituationen konstruktiv zu agieren oder aber auch, wenn nötig, sich abzugrenzen. Sie erfahren, welches Verhalten wann angemessen ist, und wie Sie wieder eine Verbindung herstellen können.

»Politische Haltungen basieren auf Werten, und diese wiederum sind mit Emotionen verbunden«, schreibt Anne, studierte Diplompsychologin. »Deshalb ist es belastend oder sogar verletzend, wenn die eigene Haltung, wenn das eigene Wertesystem von anderen kritisiert, abgewertet oder lächerlich gemacht wird. Dann eskaliert ein Gespräch leicht, und aus einer Diskussion wird ein Streit.«

Mit dem Selbsttest können Sie herausfinden, wie souverän Sie in politischen Diskussionen sind, ob Sie Dissonanzen eher ausweichen oder ob Sie, im Gegenteil, zum Polarisieren neigen. In der Auflösung finden Sie außerdem jeweils einen Tipp, wie Sie sich konstruktiv verhalten können. Wenn Sie Ihre Diskussionskompetenz verbessern möchten, können Sie sich hier für unser Coaching anmelden. Dann schicken wir Ihnen vier Einheiten jeweils freitags per Mail zu.

Hier geht es zu Teil eins : Wie Sie politische Streitereien unterm Weihnachtsbaum vermeiden. Mit Tipps, wie man kritische Situationen erkennt – und sich eine Strategie zurechtlegt.

Was sorgt an Weihnachten bei Ihnen für Streit? Politik, die vermasselte Bratensoße oder die Frage, wer mit wem zusammen feiert – und wo? Erzählen Sie uns von Ihren Konflikten – und gern auch, wie Sie es geschafft haben, sie zu klären: familiennewsletter@spiegel.de .

Ich habe recht!

Warum streiten wir uns? Und wie bleiben wir trotzdem verbunden? SPIEGEL Wissen zeigt, wie man Konflikte kompetent löst.

  • Advent, Advent, die Mutter brennt aus! Meine Kollegin Anna Clauß echauffiert sich in ihrer aktuellen Elternkolumne  auf sehr lesenswerte Weise darüber, dass ein überwältigender Teil des dezemberlichen Bastelns und Backens auf Frauen entfällt. »Mein Mann ist ein engagierter Vater und sitzt nicht Pfeife rauchend am Kamin, während ich Tannennadeln aus dem Wohnzimmerteppich sauge«, schreibt Anna. »Aber in einen backenden, packenden, anderen helfenden Weihnachtswichtel verwandelt er sich auch nicht. Muss er ja auch nicht. Wenn ich es freiwillig tue. Warum nur bin ich so bescheuert?« Anna schreibt: »Ich halte mit meinen Kümmerkünsten ein System am Laufen, das sich auf unbezahlte Frauenarbeit stützt – vor allem sichtbar in der Weihnachtszeit.« Eine Idee, was helfen könnte, damit mehr Männer im Advent Mützen stricken würden, hat sie auch.

Gemeinsam kochen – und den Tisch decken

Heute steht an dieser Stelle mal kein Kochrezept. Ich möchte Sie dafür auf den Text meines Kollegen Philipp Laage aufmerksam machen, der erklärt, wie man eine beeindruckende Weihnachtstafel gestaltet. Eine Tafel, an der sich die Gäste wohlfühlen.

 »Eine supertolle Atmosphäre«

Tanne auf dem Tisch: »Eine supertolle Atmosphäre«

Foto:

Maryna Terletska / Getty Images

Philipp hat mit der Foodstylistin Hannah Kleeberg über den Trend zum Table Setting gesprochen. Meine Lieblingspassage aus dem Interview:

SPIEGEL: Ist Table Setting nur was für Menschen, die Spaß am Kochen haben?

Kleeberg: Ich habe genug Freunde, die unterirdisch kochen. Die sagen sich: Gut, dann gibt es halt Takeout Food oder kalte Platte oder Snack-Teller, ich mache aber den Tisch hübsch und ich habe extrem gute Drinks, oder ich bin einfach eine lustige Person und schaffe eine supertolle Atmosphäre. Das ist okay. Diesen Anspruch, Essen wie in einem Restaurant zu machen, muss man nicht haben.

Mein Buchtipp

»Wenn du aus einem üblen Schlamassel herauskommen willst, kannst du immer um Hilfe bitten.« Diesen Satz las ich kürzlich meinem Sohn vor, als wir abends »Kolossale Katastrophe« aufgeschlagen hatten, ein in diesem Jahr erschienenes Kinderbuch der Autorin und Illustratorin Hannah Brückner. Wenn ich darüber nachdenke, ist dies eine der schönsten Botschaften, die Eltern ihren Kindern mitgeben können.

Denn so viel Vertrauen Sie ihnen auch schenken mögen, so sehr Sie sie ermutigen, bei aller Vorsicht trotzdem ihr Ding zu machen und neugierig durchs Leben zu gehen – irgendwann passiert irgendein Mist. Kein »angebrannter Milchreis oder nasse Socken«, wie es in Brückners Geschichte heißt. Eher vom Kaliber zerdeppertes Brachiosaurusskelett.

»Kolossale Katastrophe« handelt von genau diesem Missgeschick, das dem kleinen Juri im Dinomuseum passiert. Gerade noch fröhlich durch die Ausstellung spaziert – na gut, auch etwas unvorsichtig auf einem Geländer balanciert – stößt er den Dino an. Die versteinerten Knochen landen auf einem chaotischen Haufen. Schrecklich fühlt sich das an. »Du glaubst wahrscheinlich sogar, es wird nie wieder gut«, schreibt Brückner.

Was dann passiert, ist etwas, das sich bei allen Leserinnen und Lesern dieses Buches – alt oder jung – hoffentlich gut einprägt. »Kolossale Katastrophe« ist eine Geschichte über das Hinfallen und Aufrappeln, ein Aufruf zu Mut und Zusammenhalt – erdacht mit der richtigen Portion Fantasie.

Mein Moment

Meine Kollegin Antonia Bauer fragte Sie in ihrem Newsletter kürzlich: »Was sind Ihre schönsten Weihnachtsmomente, bei denen etwas anders lief als geplant?« Geantwortet haben unter anderem Petra und Günter Michel aus Biebertal:

»Wir sind am Heiligabend 2022 Großeltern geworden, mittags um 12 Uhr. Vor lauter Aufregung war der Baum nicht fertig geschmückt. Wir haben trotzdem die Nachbarn zum Sekt eingeladen. Alle sind gekommen und haben sich mit uns gefreut. Hilda, unser Sonnenschein, wird jetzt drei Jahre alt. An andere Geschenke kann ich mich kaum erinnern.«

Herzlich
Ihre Julia Stanek

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