Einen Tag nachdem der isländische Sender Ríkisútvarpið (RÚV) seine Entscheidung bekannt gegeben hat, sich ebenfalls vom Eurovision Song Contest (ESC) im kommenden Jahr zurückzuziehen, hat ESC-Direktor Martin Green sich in einem offenen Brief an die Fans gewandt. Darin geht der Brite, der für die Europäische Rundfunkunion (EBU) den Wettbewerb im Mai 2026 in Wien verantwortet, auf die Verwerfungen der vergangenen Monate ein und den Streit, der um die Teilnahme Israels am ESC entbrannt ist. Er verstehe die starken Gefühle und wie sehr die Ereignisse im Nahen Osten und deren Verbindung zum Eurovision Song Contest die Fans bewegten. Niemand könne von dem, was in den vergangenen Jahren in der Region geschehen sei, unberührt bleiben. „Einige von euch haben uns geschrieben, sich öffentlich geäußert oder ihre Wut und ihren Schmerz über das, was sie als Schweigen angesichts der Tragödie empfinden, zum Ausdruck gebracht. Ich möchte euch sagen, dass wir euch hören.“
Die Geschichte des ESC
Green, der im vergangenen Jahr auf seine neu geschaffene Position berufen wurde, um als Mediator unter den Mitgliedern der EBU zu fungieren, geht in dem Brief auch auf die Gründungsgeschichte des ESC ein. Der Wettbewerb sei vor 70 Jahren in einem gespaltenen Europa als Symbol für Einheit, Frieden und Hoffnung durch Musik ins Leben gerufen worden. Diese Grundwerte hätten sich nicht verändert, und auch der Zweck des Wettbewerbs sei unverändert geblieben. Trotz Kriegen, politischen Umbrüchen und sich verschiebenden Grenzen habe er überlebt und sich weiterentwickelt. „Er ist stets ein Ort geblieben, an dem Menschen aus ganz Europa und mittlerweile der ganzen Welt zusammenkommen, um Kreativität und Verbundenheit zu feiern – trotz und gerade wegen der Welt um uns herum.“
Die EBU wisse, dass viele Fans sich eine klare Positionierung zu geopolitischen Ereignissen wünschten. Doch der Eurovision Song Contest könne nur dann weiterhin Menschen zusammenbringen, „wenn wir uns in erster Linie an unsere Regeln halten“. Mit Blick auf das nächste Jahr werde die EBU sicherstellen, dass alle teilnehmenden Sender die Wettbewerbsregeln respektierten. „Sollten sie dies nicht tun, verspreche ich Ihnen persönlich, dass wir dies nicht tolerieren und öffentlich anprangern werden.“
Musik, um die Welt zu vereinen
Dem ESC komme in einer gespaltenen Welt eine besondere Rolle zu: Er biete einen Raum, in dem Millionen Menschen das Gemeinsame feiern könnten. Ein Raum, in dem die Musik im Mittelpunkt stehe. Ein Raum, der alle willkommen heiße – „wer auch immer du bist, wo auch immer du bist und welche Ansichten du über die Welt um dich herum hast“.
Green wendet sich in dem Brief besonders an die Fans der fünf Länder, die sich vom nächsten ESC wegen der Teilnahme Israels zurückgezogen haben – die Fans in Irland, Island, den Niederlanden, Slowenien und Spanien. Ihnen möchte er sagen, „dass eure Sender, wie alle unsere Mitglieder, eine für sie richtige Entscheidung getroffen und sich mit großem Respekt an der Debatte beteiligt haben“. Die EBU respektiere ihre Position und Entscheidung. Man werde weiterhin freundschaftlich und partnerschaftlich zusammenarbeiten, und man hoffe, „dass sie bald zum Wettbewerb zurückkehren“.
Die EBU setze alles daran, dass der Eurovision Song Contest auch in den nächsten 70 Jahren und darüber hinaus ein Ort bleibe, an dem Freundschaften entstehen, Sprachen gelernt und neue Genres und Künstler entdeckt werden. „In einer herausfordernden Welt kann uns die Musik tatsächlich vereinen.“

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