Bett zu hart und Spiegel zu niedrig Sarkozy motzt über Zeit im Gefängnis und lobt Le Pen
In einem Buch über seinen Gefängnisaufenthalt ergeht sich der französische Ex-Präsident Nicolas Sarkozy in einer Elegie des Selbstmitleids. Dabei war er nur 20 Tage in Haft. Lobende Worte findet er für den Rassemblement National.
11.12.2025, 11.12 Uhr
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy bei einer Signierstunde in Paris
Foto: Bertrand Guay / AFPNur ein dünnes Rinnsal aus der Dusche und matschige, durchweichte Baguettes in Plastikschalen: Der französische Ex-Präsident und Ex-Häftling Nicolas Sarkozy hat nach seiner Zeit im Gefängnis das Buch »Tagebuch eines Häftlings« veröffentlicht. Dabei war der 70-Jährige nur 20 Tage lang in Haft. Zur ersten Lese- und Signierstunde in einer Pariser Buchhandlung standen am Mittwoch zahlreiche Menschen Schlange. Femen-Aktivistinnen mit nackten Brüsten wurden umgehend von der Polizei abgeführt.
Das in Rekordzeit publizierte Buch löste auch eine Welle spöttischer Kommentare aus. »Das ist, als ob ich ein feministisches Essay veröffentliche, weil ich mal eine Spülmaschine ausgeräumt habe«, zitierte die Zeitung »Le Monde« einen Online-Kommentar.
Sein Gefängnisbett war ungemacht
Wer immer schon wissen wollte, wie es dem ersten inhaftierten Ex-Staatschef eines EU-Landes im Gefängnis ergangen ist, wird zahlreiche Details erfahren.
»Als ich mich auf das Bett setzte, das ungemacht war, war ich schockiert. Ich hatte noch nie, auch während meines Militärdienstes, eine derart harte Matratze gespürt«, schreibt Häftling Nummer 320535. Das Essen sei so schlecht gewesen, dass er sich vorwiegend von Joghurts und Riegeln ernährt habe.
Zudem war er genervt von dem auf Bauchhöhe angebrachten Spiegel. Grund dafür war, dass ihm eine barrierefreie Zelle zugeteilt wurde, die allerdings zwölf Quadratmeter hatte, drei mehr als üblich.
Sport und religiöse Offenbarungen
Häftling Sarkozy verzichtete auf den Hofgang, weil sich Paparazzi in einem benachbarten Haus eingemietet hatten, trieb aber eine Stunde Sport, unter anderem auf einem mechanischen Laufband. Jeden zweiten Tag besuchte ihn seine Frau Carla Bruni in einem kleinen Besuchsraum mit Plastikstühlen, in dem es weder Kaffee noch Wasser gab.
Wie manche Häftlinge vor ihm will Sarkozy eine Art religiöses Erweckungserlebnis gehabt haben. »Ich empfand plötzlich das Bedürfnis, mich neben mein Bett zu knien«, schrieb er. Er habe gebetet, »die Kraft zu haben, das Kreuz der Ungerechtigkeit zu tragen.« Sonntags traf er den Gefängnisseelsorger, der ihm die Kommunion spendete.
Unterstützung Le Pens ist »wunderbare Überraschung«
Doch das 213-Seiten-Buch des konservativen Ex-Präsidenten ist mehr als ein von Unschuldsbeteuerungen und Selbstmitleid geprägter Erlebnisbericht aus einer Pariser Justizvollzugsanstalt. Es ist zugleich ein politisches Pamphlet, das angesichts des großen Einflusses, den der 70-Jährige noch immer hat, seine Wirkung nicht verfehlen dürfte.
Sarkozy plädiert sehr deutlich dafür, dass seine Partei der Republikaner sich der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National (RN) annähern sollte. »Der RN bedeutet keine Gefahr für Frankreich«, erklärt Sarkozy, der zwei Seiten lang die »wunderbare Überraschung« beschreibt, dass RN-Fraktionschefin Marine Le Pen ihn öffentlich unterstützte.
Marine Le Pen in der französischen Nationalversammlung
Foto: Julien de Rosa / AFPBeide eint die Wut auf die französische Justiz , von der sie sich ungerecht behandelt fühlen. Die wegen der Veruntreuung von EU-Geldern verurteilte Le Pen stellt sich als Opfer eines politischen Prozesses dar, während Sarkozy überzeugt ist, dass seine Richter ihn aus »Hass« verurteilt hätten.
Er habe Le Pen aus dem Gefängnis angerufen, um sich für ihre Unterstützung zu bedanken, schreibt Sarkozy. Dabei habe er ihr gesagt, dass er nichts davon halte, eine »Brandmauer« gegen den RN zu unterstützen, schrieb Sarkozy. Dazu wolle er sich zu gegebener Zeit auch öffentlich äußern.
Vize-Parteichef des RN, Sébastien Chenu, habe ihm jede Woche in Haft einen persönlichen Brief geschrieben, berichtete Sarkozy und bedauerte »die Verteufelung vieler Frauen und Männer durch die Linken«. Seine eigene Partei könne nur wieder nach oben kommen, wenn sie sich auf ein möglichst breites Bündnis einlasse, »ohne jedes Tabu«.
Vor einem Monat wurde Sarkozy unter Auflagen aus der Haft entlassen, seine Frau Carla Bruni holte ihn ab. Im Frühjahr steht sein Berufungsprozess in der Affäre um libysche Wahlkampfgelder an. Falls das Berufungsgericht die fünfjährige Haftstrafe wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung bestätigen sollte, weiß Sarkozy zumindest, was ihn erwartet. Was aus der Brandmauer wird, könnte sich am Tag vor dem Prozessbeginn zeigen: dann sind in Frankreich Kommunalwahlen.

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