Im Kontrollraum herrschte gespannte Stille am 10. Dezember 2015. Alle Augen waren auf einen großen Monitor im Kontrollzentrum gerichtet. Thomas Klinger, Leiter des Wendelstein 7-X, forderte die anwesenden Wissenschaftler, Gäste und Journalisten zu einem zehn Sekunden langen Countdown auf – dann blitzte es kurz auf dem Monitor auf: das First Plasma in der Fusionsforschungsanlage in Greifswald.
Der Wendelstein 7-X ist ein Versuchsreaktor, in dem Gas auf mehrere Millionen Grad aufgeheizt wird, damit es in den Plasmazustand übergeht. Nur in diesem Zustand ist es möglich, positiv geladene Atomkerne miteinander zu verschmelzen. Der Wendelstein 7-X, den heise online im vergangenen Jahr besuchte, dient jedoch nur der Plasmaforschung, Fusionen werden hier nicht durchgeführt.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externes YouTube-Video (Google Ireland Limited) geladen.
YouTube-Video immer laden
An jenem Tag im Dezember vor zehn Jahren gelang es erstmals, ein Milligramm Heliumgas in das Plasmagefäß, in dem ein Vakuum herrscht, einzuspeisen und mit der Mikrowellenheizung mit einer Leistung von 1,3 Megawatt auf eine Temperatur von einer Million Grad Celsius aufzuheizen. Eine Zehntelsekunde lang ging das Helium in den Plasmazustand über.
Merkel startet Wasserstoffplasma
Zwei Monate später, im Februar 2016, leitete die damalige Bundeskanzlerin und promovierte Physikerin Angela Merkel die Erzeugung des ersten Wasserstoff-Plasmas ein, das heißer ist als ein Heliumplasma. Damit konnte der wissenschaftliche Betrieb an der Forschungsanlage des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) starten.
Dem ersten Plasma war eine Bauzeit von neun Jahren vorangegangen: Im April 2005 begann die Arbeiten an dem Plasmagefäß, im Mai 2014 wurde die äußere Hülle der Anlage geschlossen und die Betriebsvorbereitungen begannen.
Deuterium und Tritium fusionieren zu Helium
Kern des Wendelstein 7-X ist ein Torus, ein wulstartiger Ring, mit einem Durchmesser von 16 Metern, der von 50 supraleitenden Magnetspulen umgeben ist. In dieser Kammer mit der Bezeichnung Stellarator werden die Bedingungen erzeugt, die die Wasserstoffisotopen Deuterium (D) und Tritium (T) dazu bringen, zu einem Heliumkern zu verschmelzen. Dabei werden Neutronen und Energie freigesetzt, die dazu genutzt werden soll, um Strom zu erzeugen.
Die Kernfusion bildet den Prozess nach, der im Inneren von Sternen abläuft, auch in der Sonne. Diese setzt immerhin so viel Energie frei, dass wir in einer Entfernung von etwa 150 Millionen Kilometern mit ausreichend Licht und Wärme versorgt werden. Allerdings lassen sich die Bedingungen in der Sonne – ein Druck von 200 Milliarden Bar und eine Temperatur von 15 Millionen Grad Celsius – auf der Erde so nicht nachbilden. Weil sich hier kein so hoher Druck erzeugen lässt, muss die Zündtemperatur höher sein: 100 Millionen Grad und mehr.
Allerdings hält kein Material solchen Temperaturen stand. Das Plasma muss deshalb in der Schwebe gehalten werden. Dafür sorgen 50 Magnetspulen, deren Feld das Plasma einschließt. Das Feld hat eine komplexe Form: Es ist ringförmig und gleichzeitig in sich verdreht. Um ein solches zu erzeugen, haben die Magnetspulen besondere Formen: Sie ähneln zerquetschten Ringen. Um diese Form zu errechnen, bedurfte es jedoch eines Supercomputers.








English (US) ·