Ski alpin: Lindsey Vonn feiert in der Abfahrt nach sieben Jahren wieder einen Weltcupsieg

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Lindsey Vonn wäre nicht Lindsey Vonn, wenn es anschließend nicht das Vollbad in den ganz großen Emotionen gegeben hätte. Tränen inklusive. Der US-Superstar des Alpinsports weinte, strahlte, lachte, umarmte. Und steckte damit auch den in dieser Hinsicht allerdings leicht infizierbaren ARD-Experten Felix Neureuther an, der sich zu dem Satz hinreißen ließ: »Das war mit das Beste, was ich jemals in meinem ganzen Leben bisher gesehen habe.«

Was soll man als Neureuther auch sagen, wenn sich der glückselige Superstar des Alpinsports an seiner Schulter ausweint. Außer: »Du bist eine Göttin.« Eine Göttin im Alter von 41 Jahren, die bei der Abfahrt von Sankt Moritz zu ihrem 83. Weltcuperfolg gerast ist. Sieben lange Jahre, nachdem sie letztmals im Weltcup triumphiert hatte.

In der Abfahrt kommt es schon vor, dass Athletinnen und Athleten auch im Alter jenseits der 30 noch Topleistungen bringen. Aber mit 41 hat noch nie jemand ein Weltcuprennen gewonnen. Die Erfolgsstory der Lindsey Vonn nach ihrer ganzen Vorgeschichte ist schon sehr besonders. Kein Wunder, dass danach alles aus ihr herausbrach.

Eine Geschichte, fast so kitschig, als stamme sie aus einem Disney-Film. Passend also, dass Vonn bei der Siegerehrung eine Micky-Maus-Skimütze trug.

Lindsey Vonn in Action in St. Moritz

Lindsey Vonn in Action in St. Moritz

Foto: Jean-Christophe Bott / EPA

Vor sechs Jahren hatte Vonn ihren Rücktritt erklärt, hochdekoriert, mit fast allen Erfolgen im Skisport, die man sich vorstellen kann: Olympiagold in Vancouver 2010, WM-Gold in Val d’Isère 2011, vierfache Gewinnerin des Gesamtweltcups. Was sollte noch kommen?

Aber Vonn, die den Sport auch in andere Sphären hievte, in den Jetset, in den Boulevard, in den Glamour, hielt es nicht aus, das Pensionistendasein einer Spitzensportlerin. Vor einem Jahr erklärte sie die Rückkehr in den Weltcup. Obwohl ihr Knie nur durch eine Prothese stabil gehalten wird. Viele haben den Kopf geschüttelt, warum nur macht sie so etwas?

Shiffrin ist jetzt der Superstar

Wieso setzt sie ihren Namen, ihren Ruf aufs Spiel, mit dem Risiko, hinterherzufahren und zudem noch ihre Gesundheit zu ruinieren? Den Nimbus des Superstars bei den Frauen hatte ihr ohnehin schon eine andere abgenommen: Landsfrau Mikaela Shiffrin, die zahlreiche Rekorde pulverisierte, die Vonn einst aufstellte.

Aber schon im vergangenen Winter ließ sie mit einem zweiten Platz beim Super-G in Sun Valley zum Saisonschluss aufhorchen, das war ihr 143. Podestplatz. Und da schien schon klar: Wenn Lindsey Vonn antritt, dann will sie auch nach oben. Das war immer so, das wird so bleiben.

 Der Triumph der Lindsey Vonn

Wie aus einem Disney-Film: Der Triumph der Lindsey Vonn

Foto: Luciano Bisi / AP

Sie sei noch nicht bei 100 Prozent, gab sie anschließend zu Protokoll. Aber auch die jetzige Prozentzahl reicht aus, um die Konkurrenz auf der berühmten Corviglia um fast eine Sekunde zu distanzieren. Die Kritik an ihren Comebackplänen habe sie motiviert, sagte Vonn: »Die Kritik war cool, das hat mir geholfen.«

Geholfen hat ihr aber auch augenscheinlich noch etwas Anderes: Im Sommer hat sie den ehemaligen norwegischen Ski-Champion Aksel Lund Svindal in ihr Trainerteam geholt. Einer, der zu aktiven Zeiten ähnlich ehrgeizig war wie Vonn. Das Duo scheint zu funktionieren. Niemand wird ab sofort mehr über sie spotten.

Im Gegenteil: Es war erst die erste Abfahrt der Saison, logischerweise führt Vonn jetzt auch die Weltcupwertung in der Disziplin an, am morgigen Samstag hat sie die Gelegenheit, ihren Vorsprung auszubauen.

Und auf einmal hält man die 41-jährige Lindsey Vonn für die Olympia-Favoritin im kommenden Februar. Dann wird die Abfahrt in Cortina d’Ampezzo ausgetragen – dort wo Lindsey Vonn bereits zwölf Weltcupsiege gefeiert hat.

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