Barmer und AOK bieten Beipackzettel digital in App für E-Patientenakte an

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AOK- und Barmer-Versicherte können den digitalen Beipackzettel von vielen Medikamenten nun über die App für die elektronische Patientenakte abrufen – zumindest teilweise. Dazu beteiligen sich die Krankenkassen an einem Pilotprojekt. AOK-Kunden können den Beipackzettel beispielsweise über die App für die elektronische Patientenakte (“Mein Leben“) abrufen. Zu finden ist die Funktion in der elektronischen Medikationsliste. Nach dem Hinzufügen eines Medikaments gibt es – sofern in der Datenbank das Arzneimittel vorhanden ist – die Möglichkeit, den jeweiligen digitalen Beipackzettel zu finden.

In der AOK-App „Mein Leben“ lässt sich aus der angebundenen Datenbank für das synthetische Schilddrüsenhormon L-Thyroxin eine digitale Packungsbeilage abrufen.

(Bild: AOK)

Das Projekt ist auf Initiative verschiedener Herstellerverbände wie dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) entstanden. Bis 2028 soll eine vollständige digitale Datenbank für verschreibungspflichtige und frei verkäufliche Präparate entstehen.

Da sich die angebundene Datenbank noch im Aufbau befindet, gibt es noch nicht zu jedem Medikament eine digital abrufbare Packungsbeilage.

(Bild: heise medien)

Bei einem ersten Test ließ sich für ein bekanntes Kopfschmerzmittel keine Packungsbeilage abrufen. „Die digitale Gebrauchsinformation wurde im Rahmen des gemeinsamen Pilotprojekts diGItal umgesetzt – in Zusammenarbeit mit mehreren gesetzlichen Krankenkassen und der Firma ACS PharmaProtect GmbH. Dabei wurde eine zentrale Datenbank angebunden, deren strukturierte Inhalte über den FHIR-Standard (Fast Healthcare Interoperability Resources) in die App übertragen werden“, sagt ein Sprecher vom Bundesverband der AOKen. „Aktuell ist die digitale Packungsbeilage noch nicht für alle Medikamente verfügbar. Das liegt daran, dass nicht alle in Deutschland zugelassenen Hersteller am Projekt beteiligt sind“, erklärt der Sprecher. Die Datenbank soll laufend erweitert werden und perspektivisch auch deren Funktionsumfang.

„Wichtig ist, dass wir hier nicht über eine PDF-Sammlung sprechen, sondern die Daten im FHIR-Standard zur Verfügung stehen, um die Vorteile der digitalen Bereitstellung umfassend nutzen zu können,“ sagt Dennis Geisthardt vom vfa gegenüber heise online. „Die digitale Gebrauchsinformation kommt und wird verpflichtend. Diese Entscheidung der EU ist ein klares Bekenntnis zur Versorgungsverbesserung und zeigt, dass regulatorischer Fortschritt möglich ist, wenn man praxisorientiert denkt. Damit müssen wir nun in der Ausgestaltung fortfahren – um sicherzustellen, dass Patientinnen und Patienten stets die aktuelle und korrekte Information erhalten, sollte eine zentrale und verlässliche Datenbank zur Verfügung stehen“.

Im Rahmen des europäischen Pharmapakets müssen Produktinformationen verpflichtend auch elektronische zur Verfügung gestellt werden. Jeder Mitgliedsstaat soll selbst entscheiden, ob er dann den Beipackzettel aus Papier abschaffen will. Wenn es nach dem von der Apothekenumschau zitierten EU-Abgeordneten Peter Liese gehen soll, könnte der Zettel aus Papier sofort abgeschafft werden, „solange Patientinnen und Patienten, die darauf bestehen, einen Papierausdruck erhalten können“.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) begrüßt die Reform, die den Rechtsrahmen für Arzneimittel in der EU erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten überarbeitet. Sie soll die Regulierung vereinfachen und Verfahren beschleunigen – unter anderem mit einer überarbeiteten Gremienstruktur der EMA und verkürzten Bewertungszeiträumen. Zudem soll die Reform Lieferengpässen entgegenwirken.

Unternehmen sollen stärker zur Sicherstellung der Versorgung verpflichtet werden, müssen Engpässe und Rücknahmen frühzeitig melden und speziell bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln besser planen. Eine EU-weite Liste kritischer Arzneimittel soll zudem die Versorgungssicherheit zusätzlich erhöhen.

Weitere Schwerpunkte liegen auf einem besseren Schutz der Umwelt und der Eindämmung antimikrobieller Resistenzen. Vorgesehen sind verschärfte Umwelt-Risikobewertungen, spezielle Methoden zur Bewertung von Risiken im Zusammenhang mit Antibiotika sowie strengere Vorgaben und zusätzliche Informationspflichten.

Nach der formellen Bestätigung durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat will die EMA gemeinsam mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten Leitlinien erarbeiten. Für Transparenz bei der Umsetzung ist eine neue zentrale Website geplant, die alle Informationen der Gesetzgebung enthalten soll – dazu gehören technische Details und Leitfäden für Unternehmen.

Studien des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik, des IGES-Instituts und der Roten Liste Service GmbH hatten zuvor bereits gezeigt, dass digitale Beipackzettel neben besser durchsuchbaren Patienteninformationen auch Umweltvorteile bringen.

(mack)

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