Angesichts des weltweit steigenden Strombedarfs könnten geothermische Hotspots dauerhafte Energiequellen darstellen, ohne dass dabei klimaschädliche Treibhausgase freigesetzt werden. So fasst es auch ein Bericht der International Energy Agency zusammen. Allerdings sind sie nur dann leicht zu finden, wenn Geysire und heiße Quellen sie an der Erdoberfläche markieren. An anderen Orten jedoch liegen sie Tausende von Metern unter der Erde verborgen. Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel. Sie soll dabei helfen, diese potenziellen Energiequellen aufzuspüren.
Das US-Startup Zanskar hat Mitte Dezember bekannt gegeben, dass es mithilfe von KI und anderen fortschrittlichen Berechnungsmethoden ein sogenanntes blindes geothermisches System – also eines, das an der Oberfläche keine Anzeichen hinterlässt – in der Wüste im Westen Nevadas entdeckt hat. Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich um das erste blinde System, das seit über 30 Jahren identifiziert und als kommerziell nutzbar bestätigt wurde.
Wie die Suche nach Geothermie-Standorten abläuft
In der Vergangenheit war die Suche nach neuen Geothermie-Standorten mit großem Aufwand verbunden. Unternehmen investierten viel Zeit und Geld in die Bohrung tiefer Brunnen, um nach geeigneten Standorten für den Bau einer Anlage zu suchen. Der Ansatz von Zanskar soll die Suche präzisieren. Das Unternehmen will mithilfe von KI-Fortschritten „dieses seit Jahrzehnten unlösbare Problem beseitigen, endlich diese Ressourcen finden und beweisen, dass sie viel größer sind als bisher angenommen“, sagt Carl Hoiland, Mitbegründer und Geschäftsführer des Unternehmens.
Wer ein erfolgreiches Geothermiekraftwerk betreiben will, benötigt einen Standort mit hohen Temperaturen in einer erreichbaren Tiefe und Platz für Flüssigkeit, die sich durch das Gestein bewegen und Wärme liefern kann. Im Falle des neuen Standorts, den das Unternehmen „Big Blind" nennt, handelt es sich um ein Reservoir, das in einer Tiefe von etwa 820 Metern eine Temperatur von 121 Grad erreicht.
Das Unternehmen hat mit seiner Technologie viele potenzielle Hotspots identifiziert. „Wir haben Dutzende von Standorten, die genau so aussehen“, sagt Joel Edwards, Mitbegründer und CTO von Zanskar. Für Big Blind hat das Team jedoch auch Feldforschung betrieben, um die Vorhersagen seines Modells zu bestätigen.
KI mit echten Geothermie-Hotspots trainiert
Der erste Schritt zur Identifizierung eines neuen Standorts besteht darin, regionale KI-Modelle zur Suche in großen Gebieten einzusetzen. Das Team trainiert die Modelle anhand bekannter Hotspots und selbst erstellter Simulationen. Anschließend werden geologische, Satelliten- und andere Daten, darunter auch Informationen über Verwerfungslinien, in die Modelle eingespeist. Die Modelle können dann vorhersagen, wo sich potenzielle Hotspots befinden könnten.
Eine Stärke des Einsatzes von KI für diese Aufgabe besteht darin, dass sie die immense Komplexität der vorliegenden Informationen bewältigen kann. „Wenn es etwas in der Erde gibt, das man lernen kann, selbst wenn es sich um ein sehr komplexes Phänomen handelt, das für uns Menschen schwer zu verstehen ist, sind neuronale Netze in der Lage, dies zu lernen, wenn sie genügend Daten erhalten“, sagt Hoiland.
Sobald die Modelle einen potenziellen Hotspot identifiziert haben, begibt sich ein Team vor Ort zu dem ermittelten Gebiet. Das kann etwa 100 Quadratmeilen (rund 259 km²) groß sein. Die Mitarbeiter sammeln dort zusätzliche Informationen. Sie bohren unter anderem flache Löcher, um erhöhte Untergrundtemperaturen zu ermitteln.
Im Fall von Big Blind lieferten diese gebündelten Informationen dem Unternehmen eine gute Ausgangslage, um eine Bundeskonzession zu erwerben. Sie ist nötig, um das Gelände für ein Geothermiekraftwerk zu erschließen. Nachdem diese Konzession gesichert war, kehrte das Team mit großen Bohrgeräten zurück und bohrte im Juli und August Tausende von Metern tief. Die Arbeiter fanden das erwartete heiße, durchlässige Gestein.
Was jetzt für den Geothermie-Standort ansteht
Als Nächstes müssen sie Genehmigungen für den Bau und den Anschluss an das Stromnetz einholen und die für den Bau der Anlage erforderlichen Investitionen organisieren. Das Team wird auch weiterhin Tests an diesem Standort durchführen, darunter Langzeittests zur Verfolgung des Wärme- und Wasserflusses.
„Es besteht ein enormer Bedarf an Methoden, mit denen sich großräumige Merkmale untersuchen lassen“, sagt John McLennan, technischer Leiter für Ressourcenmanagement bei Utah FORGE, einem Forschungsprojekt für Geothermie, das vom US-Energieministerium finanziert wird. Die neue Entdeckung sei „vielversprechend“, fügt McLennan hinzu.
Big Blind ist die erste bestätigte Entdeckung von Zanskar, die zuvor noch nicht erkundet oder erschlossen wurde. Das Unternehmen hatte seine Werkzeuge bereits für andere geothermische Explorationsprojekte eingesetzt. Anfang dieses Jahres gab es eine Entdeckung an einem Standort bekannt, der zuvor von der Industrie erkundet, aber nicht erschlossen worden war.
Das Unternehmen hat außerdem ein Geothermiekraftwerk in New Mexico gekauft und wieder in Betrieb genommen. Und das könnte für Zanskar erst der Anfang sein. Wie der Zanskar-CTO Edwards es ausdrückt: „Dies ist der Beginn einer Welle neuer, natürlich vorkommender geothermischer Systeme, die über genügend Wärme verfügen, um Kraftwerke zu versorgen.“
Dieser Beitrag ist zuerst auf t3n.de erschienen.
(jle)









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