Serie „Original aus Wien“, Folge 20: Melodien auf der Speisekarte

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Johann Strauss Sohn, der sogenannte Walzerkönig, wäre heuer 200 Jahre alt geworden, das feierten Wien und die Welt mit Konzerten und Theaterstücken, mit Filmen und kuriosen Aktionen. Strauss hat ja die Operette „Die Fledermaus“ komponiert, und beim Vienna City Marathon im April wurde deshalb eine „Mäuse-Kategorie“ für Kinder von drei bis sechs Jahren eingeführt. Die Mädchen und Buben mussten, verkleidet als Fledermäuse, 200 Meter weit laufen, die Veranstalter nannten das „flattern“. Die Kinder bekamen dafür Plüsch-Fledermäuse.

Johann Baptist Strauss wurde am 25. Oktober 1825 in Wien geboren, als Sohn von Maria Anna Streim und Johann Strauss, der ebenfalls ein berühmter Tondichter war, den „Radetzky-Marsch“ komponierte und in der Musikgeschichte als Johann Strauss Vater firmiert (der Vater hatte übrigens eine zweite Familie mit seiner Geliebten Emilie Trampusch und acht Kindern). Johann Strauss Sohn komponierte bereits mit sechs Jahren, es entstand der kleine Walzer „Erste Gedanken“. Der Vater wollte zwar, dass der Bub Bankbeamter würde, aber als sich der untreue Gatte schließlich aus dem Staub machte, gestattete die Mutter dem Sohn, Musik zu studieren.

Schon mit knapp 19 Jahren leitete er ein Wirtshausorchester im Dommayer Kasino in Wien-Hietzing. Der Vorgeiger Strauss trug schnittige Outifts und begeisterte „mit einem markanten Bewegungsarsenal“ inklusive rhythmischen Hüpfern, weshalb ihn Der Standard einmal den „Michael Jackson der Ballsäle“ nannte. Johann Strauss Sohn wurde berühmt und ein Anhänger der liberalen Bewegung in den späten 1840er-Jahren, die Titel seiner Werke hießen „Freiheitslieder“, „Studentenmarsch“ oder „Revolutionsmarsch“.

Mitte der 1860er-Jahre lernte Johann Strauss Jacques Offenbach kennen, der ihn dazu ermunterte, Operetten zu komponieren. Es entstanden unter anderem „Der Zigeunerbaron“ und eben „Die Fledermaus“. Bis zu seinem Tod komponierte er etwa 500 Stücke, unter ihnen den berühmten „Donauwalzer“. Manchmal kritzelte er zwischen zwei Auftritten auf die Tanz- oder Speisekarte eine neue Walzermelodie. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften befand zum 200. Geburtstag des Walzerkönigs, dass dessen Partituren „nicht aus einem Guss, sondern häufig eine Steißgeburt“ seien.

Johann Strauss war dreimal verheiratet. Die Liebe seines Lebens soll aber Olga Smirnitskaja gewesen sein, die er auf einer Russland-Tournee kennenlernte. Strauss hatte seiner „geliebten Olga“ 100 Liebesbriefe geschrieben, doch die Beziehung hatte keine Chance, weil Olgas Eltern (und angeblich auch Strauss’ Mutter) dagegen waren. Strauss schrieb in einem Brief, es erfülle sein Herz „mit Trostlosigkeit und Schmerz bei dem Gedanken, Dich deshalb verlieren zu müssen“; aber er wolle sie der Familie nicht entreißen.

Johann Strauss Sohn starb am 13. Juni 1899 in Wien-Wieden an einer Lungenentzündung. Das Strauss-Denkmal im Stadtpark ist eines der meistfotografierten Denkmäler Wiens.

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