News des Tages: ussischer Botschafter einbestellt - da wird der Putin sich aber ärgern

vor 19 Stunden 3

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1. Der russische Bot-schafter

Die Bundesregierung macht Russland für einen massiven Cyberangriff und eine umfassende Desinformationskampagne im Bundestagswahlkampf verantwortlich. Das Auswärtige Amt hat deshalb heute den russischen Botschafter einbestellt (hier mehr). In der fein austarierten Welt der internationalen Diplomatie ist das ein erhobener Zeigefinger, vielleicht verbunden mit einem kräftigen Aufstampfen. Ein Signal, das Schlagzeilen macht. Aber keine Strafe, die krassere Folgen haben kann (Botschaftspersonal des Landes verweisen, die Beziehungen abbrechen, solche Sachen).

Die Vorwürfe: Zum einen soll das Hackerkollektiv mit dem Spitznamen »Fancy Bear« im August 2024 die deutsche Flugsicherung angegriffen haben. Zum anderen soll eine Kampagne mit dem Namen »Storm-1516« im Bundestagswahlkampf irre Fake News verbreitet haben. »›Storm-1516‹ ist eine der schlimmsten Desinformationsschleudern im Netz, selbst für russische Standards«, sagt mein Kollege Wolf Wiedmann-Schmidt. Zahlreiche Fakewebsites, die zu »Storm-1516« gehören, verbreiteten Videos mit drastischen Lügen. Sie richteten sich vor allem gegen die Union und die Grünen. Nur wenige Tage vor der Bundestagswahl tauchten schließlich Fakevideos auf, in denen behauptet wurde, die Briefwahlunterlagen seien manipuliert (hier mehr Hintergründe).

Die Bundesregierung kündigte an, »eine Reihe von Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um Russland einen Preis für sein hybrides Agieren aufzuzeigen«. Das wird über einen erhobenen Zeigefinger hinausgehen müssen. Sonst wird es den russischen Botschafter kaum beeindrucken. Er ist schließlich fast schon ein Dauergast im Auswärtigen Amt. Ein schneller Blick ins Archiv zeigt: In den vergangenen drei Jahren wurde er fast ein Dutzend Mal einbestellt.

2. Hyperaktiv mal drei

Die Zahl der neu diagnostizierten ADHS-Fälle bei Erwachsenen hat sich in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland verdreifacht. Das ist das Ergebnis einer Studie, über die meine Kollegin Heike Le Ker berichtet . Dafür haben Forschende die Daten von gesetzlich krankenversicherten Erwachsenen ausgewertet haben. Bekamen im Jahr 2015 noch 8,6 von 10.000 Erwachsenen neu die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), waren es im Jahr 2024 bereits 25,7. »Analysen wie diese gab es in Deutschland bislang nicht«, berichtet Heike.

»Bei ADHS handelt es sich um eine Störung, die in vielen Fällen bereits seit der Geburt besteht«, so Heike. »Vererbung spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung, auch Schwangerschafts- oder Geburtskomplikationen sowie Vernachlässigung erhöhen das Risiko.« Die Studienautoren schreiben: »Es ist anzunehmen, dass der Symptombeginn bei vielen Fällen deutlich früher lag und es sich größtenteils um verspätete Diagnosen handelt.«

3. "Dann jubelt oder heult halt zwei Minuten später"

Der berühmteste Keller des Landes zieht um, und seit heute steht der Umzugstermin fest: Die Videoschiedsrichter des deutschen Profifußballs überprüfen ab Sommer 2027 von Frankfurt am Main aus, welcher große Zeh im Abseits steht und ob ein Foul einen halben Zentimeter dies- oder jenseits der Strafraumgrenze stattfand. Der »Kölner Keller« wird dann Geschichte sein. (Hier mehr dazu.)

Zur Saison 2017/2018 eingeführt, ist das »Video-Assist-Center«, so der offizielle Name, schnell zum Synonym für alles Schlechte im Fußball geworden. »Zu langsam sei er, inkompetent, zu kleinlich. Und insgesamt zu detektivisch«, sagt mein Kollege Marcus Krämer, der vor einiger Zeit in Köln-Deutz als Reporter war (hier die ganze Geschichte ). »Der Fußball, das ist der Hauptvorwurf, verliere seine Einfachheit und damit an Attraktivität.« Dabei mache der Videobeweis den Fußball gerechter, sagt Marcus. »Die Schimpferei über den Kölner Keller gehört längst zur Folklore und hat sich entkoppelt von den Fakten.«

Aber killt das bürokratische Abmessen nicht jede Emotion, jede Freude, jeden spontanen Jubel? Das kann Marcus kaum noch hören: »Dann jubelt oder heult halt zwei Minuten später.« Jede Wette, das Geschimpfe wird 2027 nicht enden, nur mit der Alliteration wird es schwerer: Frankfurter Flur? Frankfurter Freifläche? Frankfurter Feststellungskammer?

Was heute sonst noch wichtig ist

  • Russland lehnt Vorschlag zu Donbass-Referendum ab – Selenskyj zeigt sich an vorderster Front: Moskau hält nichts von Selenskyjs Vorschlag, das ukrainische Volk über Gebietsabtretungen im Donbass entscheiden zu lassen. Unterdessen würdigt der ukrainische Präsident wichtige Rückeroberungen mit einem Frontbesuch.

  • Friedensnobelpreisträgerin Mohammadi offenbar in Iran festgenommen: 2023 wurde sie wegen ihres Einsatzes für Frauen- und Menschenrechte mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Nun berichtet Narges Mohammadis X-Account, iranische Sicherheitskräfte hätten die Aktivistin abgeführt.

  • Berlin bereitet sich auf möglichen Selenskyj-Besuch vor: Kurz vor dem Wochenende deuten strenge Sicherheitsmaßnahmen in Berlin auf hochrangigen Besuch hin – offenbar steht ein heikles Treffen zum Ukraine-Friedensplan bevor. Auch internationale Spitzenpolitiker könnten dazustoßen.

  • Städte in NRW wollen wegen »katastrophaler Finanzlage« und Ganztagsversprechen klagen: Wer muss das Versprechen auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen einlösen und bezahlen? Mehrere Oberbürgermeister in NRW wollen die Frage juristisch klären. Ziel ist, mehr Geld vom Land zu bekommen.

Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen: Will Kurz wieder?

Seit nahezu zehn Jahren begleitet mein Kollege Walter Mayr den österreichischen Aufsteiger Sebastian Kurz: zuerst in dessen Rolle als Außenminister, dann als Bundeskanzler, dann als Comeback-Kid nach der von ihm nicht verschuldeten Ibiza-Affäre.

Inzwischen ist Kurz als Geschäftsmann erfolgreich. Während die Justiz Kurz noch immer mit Korruptionsvorwürfen nachstellt, jettet der Familienvater rastlos durch die Kulissen des Big Business. Walter folgte den neuen Wegen des Ex-Kanzlers nach Tel Aviv, Prag und Wien; er staunt vor allem über die Geschmeidigkeit, mit der sich Kurz vom politischen Kontext zu lösen imstande ist: »Er wirkt auf seine ihm eigene Art vor allen Dingen eins: ganz bei sich.«

Was heute weniger wichtig ist

Foto: Janis Röhlig / NDR
Aus der »Siegener Zeitung«

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Entdecken Sie hier noch mehr Cartoons.

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Klaus Stuttmann

 Neun Preise bei den Game Awards gewonnen

»Clair Obscur: Expedition 33«: Neun Preise bei den Game Awards gewonnen

Foto: Sandfall / dpa / Kepler Interactive / picture alliance

Drei Vorschläge: Sie könnten...

  1. ... ein Computerspiel spielen, nämlich »Clair Obscur: Expedition 33«, das gerade bei den Game Awards, einer Art Oscars der Spielebranche, abgeräumt hat. Vorstellen kann man es sich als schickes und storylastiges Fantasyabenteuer. »Es war auch eines meiner Lieblingsspiele 2025«, sagt mein Kollege Markus Böhm. »Ich hatte schon beim Prolog Gänsehaut. Von der Story über die Musik bis zum Kampfsystem ist es ein grandioses Gesamtkunstwerk.« (Hier mehr.)

  2. ... etwas kochen, nämlich ein Weihnachtsessen mit Ente, Kürbis und Rotkohl. Aber mit diesem Rezept brauchen Sie dafür nur eine gute halbe Stunde. (Hier entlang .)

  3. ... ein neues Buch anfangen, nämlich den Krimi »Die Eskimo-Lösung« von Pascal Garnier. Wer den Helden des Romans mag, »muss sich fragen, ob er selbst ein Soziopath ist«, findet mein Kollege Marcus Müntefering. (Hier die Rezension .)

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende und einen schönen dritten Advent. Herzlich

Ihr Oliver Trenkamp, Blattmacher in der Chefredaktion

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