Die Geheimniskrämerei und die wohldosierte, aber sehr prominente Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld erinnern einen verdächtig an den gescheiterten AI Pin: Ein Apple-Designer, Künstliche Intelligenz und ein speziell zugeschnittenes Gerät dafür – das war genau auch die Rezeptur, mit der die früheren Apple-Mitarbeiter Imran Chaudhri und Bethany Bongiorno vor zwei Jahren Großes verhießen. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Das Start-up Humane wurde von HP aufgekauft, der AI Pin abgewickelt.
Für die kommenden Jahre steht eine ähnliche Konstellation in den Startlöchern, aber mit ChatGPT-Schmiede OpenAI und Apples früherem Chefdesigner Jony Ive spielt das Vorhaben in einer ganz anderen Liga. Auch monetär: Schon jetzt hat Altmans Unternehmen 6,4 Milliarden US-Dollar in Optionsscheinen eingebracht und Ives Firma „io“ übernommen. Manch einer argwöhnt schon: Wenn Ive und Altman es nicht schaffen, wäre das womöglich der Todesstoß für die Idee, dedizierte Consumer-Geräte für KI zu schaffen. Zwar forschen auch Google und Meta in diesem Feld: Google entwickelt mit Warby Parker KI-Brillen für 2026, Meta übernahm das Start-up Limitless, das „AI-Memory“-Wearables baut. Aber der prominenten Konstellation wird viel Wert beigemessen. Der Fokus könnte sich dann endgültig dahin verlegen, vorhandene Geräte mit KI aufzuwerten, nicht aber eigens welche für sie zu erschaffen.
Always-on – mit Datenschutzversprechen
Doch bei aller Skepsis: Noch schaut die Fachwelt gespannt auf das, was in Kalifornien vielleicht schon nächstes Jahr veröffentlicht werden soll. Reuters berichtete jetzt von einem Prototyp, der intern zirkuliere. Und von den Rahmenbedingungen, die für so ein Gerät nötig sind. Vor allem ist dem Bericht etwas Ernüchterndes zu entnehmen: Denn die ganz große Vision von Ive und Altman soll 2026 noch nicht Gestalt annehmen. Stattdessen ist von einer wachsenden Gerätefamilie die Rede, in deren Verlauf dann erst der große Wurf folgen soll.
Als eine Grundvoraussetzung wird beschrieben, dass das Gerät von OpenAI immer präsent sein soll. Anders als das Smartphone, das auch allgegenwärtig scheint, soll es sich keine Pausen gönnen. Nur so könne es den nötigen Kontext haben, als Alltagsbegleiter nützlich zu sein. Welche Anwendungen das genau sein sollen, bleibt indes noch offen. Vorstellbar, dass das Gerät seinen Besitzer proaktiv an Dinge erinnern soll, weil es mitbekommt, wenn jemand einem etwas zuruft oder der Nutzer eine Tätigkeit erledigt, die Folgeaufgaben nach sich zieht. Es könnte auch eine Art digitales Gedächtnis sein, das es einem ermöglicht, irgendwann am Tag Gehörtes wieder hervorzuholen und abzufragen.
Spezielle Hardware benötigt
Für OpenAI ist das Device in seiner geplanten maximalen Ausstattung laut Reuters eine besondere Herausforderung, da es anders als die energieintensive Cloud Hardware benötigt, die stark miniaturisiert werden muss – eigentlich Apples Spezialität. Energiesparend und schnell soll es sein. Und leistungsstark, da wohl der lokalen Verarbeitung von Daten große Bedeutung eingeräumt wird. Nur so würden Menschen es in ihrem Alltag akzeptieren – alles in die Cloud zu schicken, sei undenkbar. OpenAI untersuche derzeit die Entwicklung eines maßgeschneiderten Chips. Und das ist nur die eine Komponente: Das Unternehmen müsse auch KI-Modelle vorhalten, die leistungsstark sind und zugleich auf einem kleinen Gerät betrieben werden können. Bislang hatte sich OpenAI eher auf die Cloud konzentriert.
Schon kürzlich war von einer ganzen Gerätefamilie die Rede. Bevor das beschriebene KI-Gerät mit lokalem Modell erscheint, soll es erstmal auf bestimmte Aufgaben zugeschnittene Varianten geben, die dann doch auf die Cloud zurückgreifen. Unklar bleibt, wie lange dieser Übergang dauert, bis OpenAI tatsächlich in der Lage ist, ständig aktive Geräte auf den Markt zu bringen, die den Datenschutz besonders beherzigen.
(mki)









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