Kollektiv schlägt Alleinunterhalterin: Die deutsche Handball-Nationalmannschaft der Frauen hat im Viertelfinale der halben Heim-WM in Dortmund den nächsten begeisternden Auftritt hingelegt. Das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch legte in der mit 10.522 Fans ausverkauften Westfalenhalle bereits in der ersten Hälfte den Grundstein für den Sieg. Neun unterschiedliche deutsche Torschützinnen schraubten das Halbzeitergebnis auf 17:11. Bei den Brasilianerinnen ging fast nichts ohne ihren Topstar Bruna de Paula. Die 29-Jährige warf vier Treffer und leitete nahezu jeden Angriff ein. Als de Paula wegen einer Zweiminutenstrafe nicht auf der Platte stand, fehlte in der Offensive jede Kreativität.
Das Ergebnis: Deutschland gewinnt 30:23 gegen Brasilien und zieht ins Halbfinale der Weltmeisterschaft ein. »Das ist wie eine Erlösung«, sagte Kapitänin Antje Döll im ZDF.
Kapitänin Döll: Sicher vom Siebenmeterpunkt
Foto:Vitalii Kliuiev / IMAGO
Zweiklassengesellschaft: Zum dritten Mal in der Geschichte wird die Handball-WM mit 32 Teams gespielt. Dem Niveau in der Vor- und sogar in der Hauptrunde war das nicht zuträglich. Es gab sehr viele hohe Siege, die oft schon in der Pause entschieden waren. Auch die deutsche Mannschaft spazierte bisweilen durch die WM und hat in den sechs Spielen vor dem Viertelfinale 202 Tore geworfen. »Ich finde, die deutschen Frauen machen einen super Job«, sagte die ehemalige Nationalspielerin und Handballexpertin Dinah Eckerle in den »Stuttgarter Nachrichten«. »Aber ich bin schockiert von dem, was viele andere Teams bisher so auf die Platte bringen, wie das Niveau bei früheren Topmannschaften gesunken ist.«
Zurück in der Weltspitze? Die deutschen Handballerinnen gingen in den vergangenen Jahren oftmals ambitioniert in die großen Turniere, doch seit dem dritten Platz bei der WM 2007 ging es nicht mehr über das Viertelfinale hinaus. In diesem Jahr hat Bundestrainer Gaugisch eine gute Mischung zusammengestellt. Mit Viola Leuchter, 21, Nieke Kühne, 21, und der 22-jährigen Nina Engel treffen drei Youngster regelmäßig, die Abwehr steht mit Xenia Smits und Aimée von Pereira sowie Katharina Filter im Tor sehr sicher und die erfahrenen Emily Vogel, Döll und Alina Grijseels spielen ebenfalls ein gutes Turnier. Wenn Sie mehr über von Pereira, laut Gaugisch eine »Kriegerin«, wissen möchten, lesen Sie hier ein Interview mit der Spielerin aus Kopenhagen.
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Smits stiehlt: In der ersten Hälfte schaffte es das DHB-Team, die Brasilianerinnen nie näher als auf ein Tor herankommen zu lassen. Heraus stach dabei die deutsche Defensive, obwohl sich Filter im Tor nur selten auszeichnen konnte. Doch die offensive Deckung mit der schnellen Smits an der Spitze erarbeitete sich viele Ballgewinne. Als Smits, die vor der Saison wegen der Insolvenz der HB Ludwigsburg die Bundesliga verlassen musste und seitdem in Metz spielt, Mitte des Durchgangs Spielmacherin de Paula den Ball klaute und einen Gegenangriff einleitete, verließ Smits grinsend das Spielfeld und ließ sich feiern.
Leuchter hebt ab: Als Alfred Gislason, Bundestrainer der Männer, in der Pause gefragt wurde, ob er sich eine Spielerin wie Viola Leuchter in seinem Team vorstellen könne, musste der Isländer grinsen. Solche Vergleiche sind sinnlos, auch wenn die Spielerin vom dänischen Klub Odense eine starke Leistung zeigte. Die rechte Linkshänderin nutzte ihre 1,85 Meter für vier dynamische Tore aus dem rechten Rückraum.
Abwehrchefin Smits (l.): Ballklauerin
Foto:Federico Gambarini / dpa
Hurra, das TV ist da: Im Laufe der WM wurde viel über das fehlende Interesse deutscher TV-Sender an der deutschen Mannschaft diskutiert. DHB-Präsident Andreas Michelmann sprach in Richtung ARD und ZDF gar von einer »Schande«. Doch ganz so einfach ist es nicht. Sowohl der DHB als auch die Spielerinnen mit den Leistungen in den vergangenen Jahren haben nicht genug dafür getan, das öffentliche Interesse am Handball der Frauen größer werden zu lassen. Zudem wurden die TV-Rechte für diese WM schon vor vielen Jahren vergeben. Das Viertelfinale gegen Brasilien lief nun doch im ZDF, man darf gespannt sein, wie viele Handball-Fans eingeschaltet haben.
Es ist Filter-Zeit: Nach der Pause verlor das deutsche Team zwischenzeitlich den Fokus in der Offensive, Brasilien kam bis auf 20:24 und 22:25 heran. In dieser Phase ragte mit Katharina Filter die deutsche Torhüterin heraus. Sie zeigte insgesamt 14 Paraden bei 34 brasilianischen Würfen, das entspricht einer Fangquote von erstklassigen 41 Prozent. Filter wurde nach dem Schlusspfiff zur Spielerin des Spiels ernannt. Beste Werferinnen waren Kapitänin Döll mit sechs und Emily Vogel mit fünf Treffern. Vogels Mutter Andrea Bölk war ebenfalls Handball-Nationalspielerin, sie gewann 1993 mit dem Nationalteam den bisher einzigen WM-Titel in der Geschichte des DHB.
So geht es weiter: Die deutsche Mannschaft wird Dortmund nun verlassen müssen. Die Finalrunde wird in Rotterdam – die Niederlande sind neben Deutschland der zweite Gastgeber – ausgespielt, am Freitag geht es im Halbfinale gegen die Siegerinnen aus dem Spiel zwischen Dänemark und Frankreich. Dann wird sich endgültig zeigen, ob der Aufstieg in die Weltspitze gelungen ist, denn beide Teams wurden vor der WM von Experten als stärker eingeschätzt. Übertragen wird das Spiel in der ARD.

vor 2 Tage
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